Der obige Satz aus der gleichnamigen und köstlichen Kurzgeschichte von Kurt Tucholsky ist der Anfang eines turbulenten Abends in feinster gehobener Berliner Gesellschaft, welcher mit Beleidigungsklagen und aufgelösten Testamenten endete. Dies, nachdem die Dienstmagd mit «Gnädge Frau, es ist anscherichtet» in gutem Berliner Deutsch die Situation retten wollte.
Dass Käse nicht gleich Käse ist wissen auch wir alle seit langem. Dass aber die kleinsten Diversitäten die Käseentwicklung in Aussehen und Geschmack beeinflusst, wissen wir spätestens seit dem letzten Vereinsausflug ins Appenzell nach Stein.
Am Freitag, 5. April versammelten sich eine «Buschlete» Vereinsmitglieder zum Teil mit ihren Gemahlinnen bei sonnigstem Wetter vor der Milchmanufaktur Einsiedeln. Michi Höhn, ursprünglich aus dem Wädenswiler Berg, begrüsste uns mit einem standesgemässen Molken- oder Schottenapéro aus dem Hause. Dieser schmeckte sehr erfrischend, da dieser Durstlöscher mit Holunderblütengeschmack angereichert und verfeinert wurde.
Bevor wir ins «Alphüttli» zum Käsen kamen, erklärte er die Entstehung und nannte einige Zahlen zur Manufaktur.
Molke, Schotte = Nebenprodukt bei der Käse-, Butter, oder Joghurtproduktion
100 kg Milch ergeben 10 kg Käse
2009 Konzept zur Selbsthilfe der vielen verstreuten Bauernlädeli
2012 Gründung der Milchmanufaktur
850 Führungen pro Jahr, 40% davon Amerikanische Gruppen
10 Sorten Käse aus Heu-/Grasmilch; keine Milch aus Silofutter
14 Sorten Joghurt, mit 20-40% weniger Zuckeranteil und Schweizer Früchten (Konfitüren)
1’300’000 Liter Milch werden pro Jahr verarbeitet
Bakterien als Zugabe ergeben den Geschmack, Lab aus Kälbermagen dient zur Gerinnung
Betrieb bildet Lernende EFZ aus, bei Abschlussprüfung Noten immer über 5.3
16 t Käse lagern in den Kellern
Nach dem Apéro und Zahlencocktail führte uns Michi ins Alphüttli, ein sinngemäss gestylter Raum in der Manufaktur. Dort hing das kupferne Käsechessi gefüllt mit geronnener und Bakterien versetzter Milch. Mit der Käseharfe zerschnitt Michi und einige unserer Gruppe die geronnene Milch zu Streifen, Fasern oder Möckli. Mit einem weiteren Gerät, einem Schwingbesen ähnlich, wurde sachte die Masse gerührt, um möglichst runde Teile zu erhalten, welche wie Hüttenkäse aussehen sollten. Dabei wurde die Masse langsam auf 40 Grad erwärmt.
Der entscheidende Moment kommt jetzt. Peter Frey meldete sich dazu, nämlich mit dem Käsetuch die zukünftige Käsemasse aus dem Käsechessi entnehmen. Unter sachgemässer Anleitung von Michi und mit Hilfe von Roger Wymann entnahmen Peter und Roger in einem Male mit dem Tuch, welches sie dem Kesselgrund nachführten, die Käsemasse der zukünftigen Fitness-Club-Mutschlis. Peter bekam grosses Lob für seine tadellose Arbeit, blieb praktisch keine Käsemasse in der Molke zurück. Somit ist er in gleich guter Gesellschaft wie die ehemaligen Käserlehrlinge.
Die schwere, noch recht nasse Masse hoben sie in einen bereitgestellten quadratischen, bodenlosen Korpus, der auf jeder Kante vorerst geheimnisvoll mit je drei Schrauben in gleichen Abständen besetzt waren. Die Masse wurde mit einem passenden Gewicht beschwert, damit weiter Molke abfliessen konnte.
Ruedi Thür erhielt die heikle Aufgabe, den Frischkäsequader mit einem Käsemesser in 16 gleiche Teile zu zerschneiden. Die Schrauben sind so gesetzt, dass der Käsekuchen längs und quer geviertelt zu 16 Stücken geteilt werden konnten. Dieses grosse Geheimnis war damit gelüftet.
Diese 16 Quader konnten wir nun mit den Händen etwas rundlich zu einem Zylinder formen und in die bereitgestellten löchrigen Plastikzylinder füllen. Oben drauf kamen die passenden Gewichte, um weitere Molke ab zu pressen.
Michi gab uns noch von der frischen urchigen Molke zum Probieren. Dem Schreibenden fehlte die feine Holundernote sehr.
Und wusch war unser Käsen beendet. Nur noch 4 Wochen Geduld sind gefragt, bis der Käse zum Bergmutschli gereift sein wird.
Zwischen dem Käsereiecken im Alphüttli und dem Restaurant, welches ebenfalls der Manufaktur angegliedert ist, liegt noch der grosszügige, äusserst appetitanregende Laden mit tollen Köstlichkeiten der Manufaktur und spezifischen Souveniers. Doch Käsen macht hungrig. So zog es uns weiter ins Restaurant, wo wir bestens verpflegt wurden. Das Käsen ergab auch eine frohe Stimmung, sah der Schreibende in fröhliche, gesättigte und glückliche Gesichter, dies ganz im Gegensatz zur Berliner Gesellschaft.
Nufi Nufer bedankte sich bei den Gekommenen und schloss den offiziellen Teil des Kulturanlasses. So konnte die feine Gesellschaft des Fitness-Clubs Wädenswil noch obendrein im Laden Feinstes erstehen und aus dem Vollen «chrömle» und sich freuen auf die selbst gekästen Mutschlis.
Zurück bleibt der kleine traurige Junge aus Berlin mit seiner Frage: «Mama, wo kommen die Löcher im Käse her?»
Richterswil, 9. April 2024
Heiner Bräm
PS
Es lohnt sich sehr, die vergnügliche Kurzgeschichte von Kurt Tucholsky zu lesen. Übrigens, in der Geschichte wird die richtige Antwort gegeben, aber nicht geglaubt und mit Hohn verspottet.
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